Die Oste und der Hafen Schwarzenhütten könnten das kulturelle Herz von Hemmoor werden.
Wenn wir unsere Stadtentwicklung mit Leben füllen wollen, brauchen wir ein erweitertes, über unsere Stadt hinausgehendes Verständnis von städtischer Innenentwicklung. Darum stellt das Bürgerforum die Frage an die Menschen und an die Politik unserer Stadt:
Was ist eigentlich das Herz unserer Stadt?
Schlägt das Herz von Hemmoor nur im Sinne einer Funktion- oder Gebrauchsstadt? Schlägt der Stadtrhythmus nach der Frequenz des Fachmarktzentrums, nach der Gebrauchs- und Funktionsintensität eines Mittelzentrums? Ja, was ist eigentlich die identitätsbildende Kraft für unsere Stadt?
Nach dem Ende der Zementfabrik, wurde die damalige Identität von Hemmoor in den Kreidesee versenkt, sozusagen in die Grube geschüttet. Seitdem krankt Hemmoor an einer unverkennbaren Identität und auch einiger, leider hilflosen Versuche dieses zu ändern. Auch die häufig gestellte Frage von Gästen unserer Stadt lautet: Was macht eigentlich Hemmoor aus? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Das Aufzählen von gewissen Einmaligkeiten wie den Kreidesee, die Ostemarsch, die Schwebefähre, das Hemmoorium…usw. beantwortet diese Frage nur oberflächlich.
Nun, eigentlich baut und baut Hemmoor ununterbrochen, als wenn dieses Bauen wie eine Art Kompensation wirkt. Mit „ungestümen“ Bau-Aktionismus gegen das Gefühl dieser fehlenden Stadtidentität anzukämpfen. Wenn das so wäre und nach jahrelanger aktiver Beobachtung dieser Stadtentwicklung ist es nicht abwegig zu solch einer selbstkritischen Analyse zu kommen. Darum ist es jetzt unsere politische Aufgabe, tief Luft holen für die Überlegung, wie Nachhaltigkeit im Sinne einer Identitätsstiftung Hemmoor weiterentwickelt werden kann. Die Menschen wollen bestimmt mit Sinnhaftigkeit mitgenommen werden, denn sie sollten die Veränderungen ja auch mittragen und sich identifizieren mit dem, was die Politik beschlossen hat. Darum hat aus der Sicht des Bürgerforums die Bürgerbeteiligung die höchste Selbstwirksamkeitserwartung in der Identitätsentwicklung, grade auch in der Stadtentwicklung. Diese Erwartungshaltung hat einen hohen Anspruch und muss sich in einem inneren und äußeren Bild über unsere Stadt zum Ausdruck bringen lassen.
Der Werdegang des modernen Hemmoors ist gekennzeichnet durch das Anwachsen der sogenannten jungen, aus dem Zirkelschlag entstandenen „Kernstadt“ sowie in der Ausweitung der Siedlungsgrenzen in das nähere Umfeld. Ehemals sechs Dörfer machen keine Stadt, aber sechs Stadtteile könnten sich auf den Weg zu einer gemeinsamen miteinander Identität machen. Erschwert wird dieser Prozess durch eine immer stärkere, dem Zeitgeist geschuldeten Ausdifferenzierung unseres städtischen Gefüges, erkennbar an den derzeitigen Bautypen. Immer wieder soll auch die Hoffnung mitschwingen, dass alle diese Maßnahmen auch nachhaltig genug sind, um identitätsstiftend zu wirken. Es könnten Zweifel aufkommen, wenn die sozialen Herausforderungen der Stadtentwicklung nicht zur Identitätsbildung führen. Klar ist, je verdichteter und auch großräumiger wir werden, desto wichtiger wird die Identitätsbildung für unsere Stadt werden. Wir brauchen eindeutig mehr Bindungsfähigkeiten, um diesen Prozess zu intensivieren. Um es nochmal zu verdeutlichen, ein emotionsloses Fachmarktzentrum kann nicht als das Herz einer Stadt beschrieben werden, aber die Gefahr besteht, dass Hemmoor nur darauf reduziert wird.
Corona bietet uns jetzt die Möglichkeit , genau darüber nachzudenken. Wie wunderbar war die Jugendküstenklassik am Heidestrandbadsee. Ein musikalisches Event mit überregionaler Anziehungskraft. Hat Jung und Alt gemeinsam angezogen und viele schwärmen noch heute davon. Es waren die Emotionen dieses Projektes.
Der alte Industriehafen Schwarzenhütten ist schon 2009 von Studenten der Hochschschule 21 Buxtehude als Zementmuseum mit einer integrierten Freilichtbühne entworfen worden. Diese Stadt hat diese studentische Aktion im Rahmen der Entwicklung der Ostelandkultur schlicht weg vergessen oder ausgeblendet oder einfach als ungeschliffenen Brillianten nicht erkannt oder gewertschätzt. Dabei hat unsere Stadt das Zeug dazu, die gesamte Stadt als identitätsstiftende Kulturbühne zu entwickeln. Das muss die Zukunft sein. Heute allerdings ist dieser alte Traditionshafen, der mal ein bedeutender Teil der ehemaligen Identität Hemmoors war, ein ungepflegter und verwahrloster Schrottplatz. Ein blinder Fleck in der Wahrnehmung unserer Stadtpolitik. Das muss sich ändern. Eine Vorlage im Stadtentwicklungsausschuss gibt uns jetzt wieder einmal eine einmalige Gelegenheit, sich dieser Idee ( Fotos) wieder anzunehmen. Was jetzt gebaut wird, muss Nachhaltigkeit erzielen, muss die Kultur der Emotionen als Gegensatz zur klinischen Digitalisierung berücksichtigen. Wir müssen mutig sein, denn wissen wir welche Kultur nach Corona in unserem Land aufblitzt? Darum wird ein zentrales Feld die Identitätsentwicklung unserer Stadt durch die Kulturentwicklung sein müssen.